Der russische Mark Zuckerberg und das Netzwerk „Vkontakte“

„Benutzen Jugendliche in Russland eigentlich kein Facebook?“, hat mich eine neue Kollegin gefragt. „Doch“, antwortete ich. Sie posten, chatten und liken auf Vkontakte, dem russischen Facebook-Klon. Aber erst sollte ich vielleicht erklären, wer ich bin. Mein Name ist Anastasiia Andreeva, ich komme aus Kemerovo im westlichen Sibirien und mache zurzeit ein Praktikum bei NWZonline.

Das Internet hat unser Leben leichter und einfacher gemacht. Ich selbst kommuniziere viel über die Onlinemedien, die in Russland unter den jungen Leuten gerade im Trend sind. Auch schreibe ich Artikel auf der Internetseite Kemerovo Staatliche Universität, wo ich studiere.

VK Screen

Viele Informationen bekomme ich auch in den sozialen Netzwerken, deswegen habe ich auf die Frage der Kollegin mit „doch“ geantwortet. Vk gilt mit 228 Millionen Nutzern als Social-Media-Platzhirsch in den ehemaligen Ländern der UdSSR. Laut der Statistik-Plattform Alexa Internet liegt die Seite in Russland und in der Ukraine auf Rang 2 und ist in Weissrussland die populärste. In Deutschland liegt Vk unter den Top 150.

Vk.com wurde von dem Student und IT-Wunderkind Pawel Durow gegründet.

Alle sozialen Netzwerke haben das gleiche Ziel: Sie wollen ihre Mitglieder schnell, überall und kostenlos in Kontakt bringen. Der Gigant unter den sozialen Netzwerken ist zwar Facebook mit rund 1,7 Milliarden Nutzern, dennoch ist es in Russland nicht am bekanntesten. Vk ist unter den sozialen Netzwerken allen anderen voran. Die App, die den Deutschen kaum etwas sagt, ist für russische Jugendliche ein großer Teil des Lebens. Zur Zielgruppe gehören junge Leute bis 30 Jahre.

Auf Vk sowie auf Facebook chatten sie miteinander, weil das bequemer und günstiger ist als per SMS. Auch hören die Nutzer gerne Musik oder schauen sich Videos an, die hier in großer Auswahl zur Verfügung stehen. Man kann auf Vk auch Chat-Gruppen mit Freunden oder Studienkollegen gründen, einige führen sogar ein eigenes Geschäft mit Hilfe des sozialen Netzwerkes. Besonders angesagt ist es gerade, auf vk.com Gewinnspiele anzubieten, um mehr Aufmerksamkeit für die eigene Firma zu bekommen. Also keine langweilige Werbung, sondern eine Möglichkeit für Nutzer, zum Beispiel eine Sushi-Box oder sogar ein Iphone zu gewinnen.

Vk ist zudem gut geordnet und die Seite ist logisch strukturiert: Nachrichten, Neuigkeiten, Feedback, Freunde, Gruppen, Fotos, Videos, Musik, Spiele, Bookmarks, Suchverlauf und Einstellungen sind im Menü auf der linken Seite. Die Hauptseite sieht sehr einfach aus: Nutzerfoto, Kurzinformation und an der „Wand“ (Стена) (deutsch Nachrichtenstrom) findet man gelinkte Posts, Fotos und Kurznachrichten eines Nutzers. Ein großer Vorteil: Im Link „Neuigkeiten“ können die Posts je nach Interesse sortiert werden.

Wie jedes soziale Netzwerk hat aber auch Vk seine Nachteile. Erstens werden die persönlichen Seiten oft gehackt. Betrüger können Geld von Freunden per Chat erschleichen oder schicken anderen Nutzern Spam. Zweitens gibt es heutzutage viel Werbung. Drittens ist es fraglich, wie sicher mit privaten Daten umgegangen wird.

Pawel Durow, der russische Mark Zuckerberg

Mit nur 22 Jahren hat Pawel Durow, das IT-Wunderkind, mit seinem Bruder das soziale Netzwerk „Vkontakte“ (deutsch – im Kontakt) gegründet. 2006 studierte er englische Philologie und Sprachwissenschaft an der staatlichen Universität Sankt-Petersburg. Besonders interessant waren für ihn Informatik (IT-Technologien) und Fremdsprachen. Obwohl seine Hauptfächer an der Uni mit Sprache zutun hatten, war seine Leidenschaft vor allem das Programmieren.

Kleine Anekdote aus seinen Schuljahren: Einmal knackte er das Grundsystem der Schulcomputer. Auf dem Bildschirm erschien daraufhin ein Foto von seinem Informatiklehrer mit der Unterschrift „Must die“ (deutsch – muss sterben). Für diesen Unfug musste er sich als Strafe in Zukunft von den Schulcomputern fernhalten. Trotzdem schadete dieser Streich ihm nicht: Mit Auszeichnung schloss er das Gymnasium ab und gründete zwei kostenlose Internetportale für Studenten. Während seines Studiums bekam er viele Stipendien für seine aktive und soziale Tätigkeit.  Heutzutage nennt man ihn in der Medienlandschaft den „russischen Mark Zuckerberg“ und er zählt zu den jungen Milliardären. 2014 verließ er Russland wegen seiner regierungskritischen Ansichten, die er mehrmalich öffentlich aussprach. Wo er heute lebt, ist unbekannt.

Bild: Imago, Screenshot

Inga Wolter

Tagsüber immer für eine gute Geschichte zu haben. Nachts als Lois Lane im Einsatz, heißt es aus vertrauenswürdigen Quellen.