Ohnmächtig

Die Macht muss stark sein in mir. Und die Nerven. Seit bestimmt schon einer Minute habe ich niemanden mehr erschossen, irre durch das Eislabyrinth unter der Oberfläche des Planeten Hoth. Dann endlich stürzen ein paar Sturmtruppler den Eiskanal hinunter und bekommen umgehend meine Laserpistole zu spüren. Ich sammele ihre Tokens ein, mache damit die 100 voll und das Gefecht ist beendet. Ein weiterer Sieg für die Rebellenallianz. So kann’s weitergehen.

Schon oft haben Studios versucht, aus großen Filmfrancises auch ein spielenswertes Game zu machen. Und nicht zu ersten Mal wagt man sich an „Star Wars“. Dass aber auch die beste Filmvorlage nicht automatisch ein gutes Spiel ergibt, dessen kann man sich bei den bemitleidenswerten Menschen vergewissern, die die „James Bond“-Gehversuche auf der Konsole spielend miterlebt haben. Dieses Mal allerdings liegt nicht alles auf der dunklen Seite.

Denn dank aller wichtigen Lizenzen brummt das Lichtschwert so wie im Film während John Williams‘ Orchester einem die Sounds der ersten Trilogie ins Ohr pfeift. Die Grafik ist, zumindest in der PS4-Version, eine Augenweide: Licht- und Schattenspiele, die Animation von Pflanzen, Wüste oder Eis, alles wirkt fast fotorealistisch. Genug Action ist auch drin, Entwickler DICE hat ja schon bei „Battlefield“ mehr als einmal einen guten Job gemacht.

Was im Singleplayer-Modus allerdings sofort auffällt und was mich wohl am meisten stört: Es gibt keine Kampagne. Gerade bei „Star Wars“? Die offizielle Begründung: Wir, die Spieler, wollen es einfach nicht. EA-Manager Peter Moore bezieht sich auf Daten von EA, die eindeutig belegen sollen, dass „die wenigsten Leute tatsächlich den Single-Player-Modus in dieser Art von Spielen nutzen.“ Das mag so sein, aber gerade das „Star Wars“-Universum hätte doch eigentlich genug Raum geben müssen, eine Alternativgeschichte zur ursprünglichen Trilogie zu erzählen.

Unter dem Fehlen einer Story leidet der langfristige Spielspaß bei „Battlefront“ nämlich ganz massiv. Sicher, die Missionen fürs Solospiel, in denen man auf Hoth die mächtigen AT-ATs mit der Seilharpune vom Flieger aus zu Fall bringt, im kleinen Kampfläufer AT-ST auf Rebellenjagd geht oder, mein Favorit, als Sturmtruppler auf dem Hoverbike die Rebellen über Endor hetzt, sind wunderbar umgesetzt und für den Nerd in mir nah an der Erfüllung eines Traumes. Aber jede dieser Missionen steht für sich allein und ist nach weniger als 10 Minuten wieder beendet, nach dem dritten Durchgang wird es langweilig. Also lieber auf ins Gefecht.

Standardkost

Hier zeigt sich: Eigentlich ist „Star Wars Battlefront“ ein stinknormaler Shooter auf einer begrenzten Map. Im Solo-Modus geht’s als Teil einer Gruppe der Rebellen oder des Imperiums gegen den jeweils anderen. Verschiedene Standardausrüstungen geben noch ein kleines bisschen mehr Auswahlmöglichkeiten, aber dann geht es mit der Knarre im Anschlag auf Hoth, dem Waldmond Endor, dem Wüstenplanet Tatooine oder in die Vulkanebenen von Sullust. Dort ist dann „Kill-and-rush“ angesagt: Ballern, laufen, ballern, zurücklaufen, ballern, Tokkens einsammeln, gewinnen. Schon wieder durch? Na gut, noch ne Runde.

Nicht wesentlich abwechslungsreicher, dafür aber für den Liebhaber besonders schön sind die Heldengefechte. Auch hier geht es auf den bekannten vier Karten zu Werke, jedoch nicht als schnöder Fußsoldat. Für die Rebellen darf ich wählen zwischen Luke Skywalker (inklusive Lichtschwert und ner Menge Macht), Han Solo und Prinzessin Leia. Auf Seiten des Imperiums darf sich als Darth Vader (mitsamt Kehlengriff), Imperator Palpatine oder Kopfgeldjäger Boba Fett ins Getümmel stürzen. Unterstützt wird man jeweils von drei Getreuen, die aber auch nicht viel mehr machen als Mitläufer. Sie laufen mit, schießen nur zwischendurch mal und überzeugen ansonsten mit ihren sich andauernd wiederholenden Tod. Für die erste Stunde macht das Spaß, besonders, dass man mal wirklich der draufgängerische Pilot des Millenium Falcon sein darf. Aber irgendwann ist auch das durch.

Aber mit neun Multiplayer-Modi ist „Battlefront“ sowieso eher auf Online-Gerangel ausgerichtet. Dort schicken beide Seiten je 20 menschliche Spieler in den Kampf. Die klassischen Herausforderungen lauten dann: Nimm den Kontrollpunkt ein und verteidige ihn oder versuche, die riesigen mechanischen Kampfläufer zu besiegen. Auch in der Luft geht’s zur Sache, wie ihr im nächsten Video seht. Die kann man übrigens nicht einfach selbst bemannen, dazu ermächtigt nur eines der verstreut zu findenden Symbole. Wer fleißig kämpft, erhöht seine Charakterstufe und schaltet eine Handvoll neuer Waffen und Extras frei, die durch ebenfalls erspielte Credits gekauft werden.

Fazit

Es hätte so schön werden können: „Star Wars Battlefront“ hat alle Lizenzen, spielbare Charaktere und eine feine technische Umsetzung. Besonders vor der Grafik kann man nur ehrfürchtig niederknien wie vor dem Imperator. Trotzdem wird das Spiel relativ schnell öde. Man merkt, dass die Kampagne fehlt, die die für sich selbst gesehen durchaus gelungenen Herausforderungen sinnvoll miteinander verbindet, eine Geschichte, die einen in ihren Bann zieht, wie dies die Filme tun. Und damit bleibt „Battlefront“ wohl nur ein nettes Sammlerstück für Fans, nichts für „ernsthafte“ Spieler.

 

Björn

Björn

Serienaficionado, Gamefanatic, Musiknerd und bekennendes Web 2.0-Opfer mit einer besonderen Vorliebe für jedweden Schwachsinn, den das Netz zu bieten hat.
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