Warum Wolfgang Rademann kein Erfinder, sondern „nur“ ein genialer Produzent war

Am 31. Januar 2016 ist Wolfgang Rademann gestorben. Der Erfinder des „Traumschiffs“, der „Schwarzwaldklinik“ und der heilen Welt im deutschen Fernsehen sei tot, wurde überall (und auch bei uns) vermeldet. Doch weit gefehlt.

Rademann hat nie etwas fürs Fernsehen erfunden. Er hat dies auch nie behauptet. Richtig ist, dass der Berliner die Kunst der Adaption beziehungsweise des Kopierens ausländischer TV-Formate perfektionierte. Eine durchaus deutsche Tugend. Denn seit Anbeginn des heimischen Fernsehens ist diese Praxis bei uns mehr als nur handelsüblich. Jürgen Rolands „Stahlnetz“ bediente sich kriminell gut bei der US-Serie „Dragnet“, Wolfgang Menges „Ein Herz und eine Seele“ ist eine gar großartige Kopie von „Till Death Us Do Part“ aus Großbritannien.

Und so sind auch die beliebten Rademann-Knaller „Traumschiff“ und „Die Schwarzwaldklinik“ alles andere als kreative Eigenleistungen. Wer das jedoch glaubt, der hält auch „Nusspli“ für den großen Wurf und kennt „Nutella“ nicht.

Für das „Traumschiff“-Konzept bediente sich Rademann hemmungslos bei den späteren Folgen der US-Serie „Love Boat“, bei der „Schwarzwaldklinik“ diente „General Hospital“ aus den USA und „Das Krankenhaus am Rande der Stadt“ aus Tschechien als Vorbild. Und auch Rademanns Serienproduktion „Insel der Träume“ ist nichts anderes als eine deutsche Variante der US-Schmonzette „Fantasy Island“.

Rademanns Genie bestand eigentlich immer darin, internationale Formate zu finden, die er ohne Probleme in die deutsche TV-Landschaft umtopfen konnte. Selbst seine überaus erfolgreichen frühen Personality-Shows wie die „Peter-Alexander-Show“ oder TV-Specials wie „Eine Frau bleibt eine Frau“ haben ihren Ursprung im US-Fernsehen.

Wie gut Rademann diese Inhalte allerdings für den deutschen Markt zuschneiden konnte, zeigt die wahrscheinlich beste (und meistgesehene) „Traumschiff“-Folge aller Zeiten. Diese führte 1984 die große Staffelfahrt nach vier Jahren im ZDF zu einem grandiosen Ende.

In Episode 12 treffen sich die gnadenlos zerstrittenen Familien Hellmann und Siwalski aus dem Ruhrgebiet (Allstar-Cast: Jürgen von Manger, Marie-Luise Marjan, Elisabeth Volkmann, Sabine Postel und Jochen Schröder) scheinbar zufällig auf dem Traumschiff wieder – und versöhnen sich am Ende der Folge bei einem gemeinsamen Fußballspiel im legendären Maracanã-Stadion. Außerdem mit an Bord sind Schauspiel-Granaten wie Sigmar Solbach, Brigitte Horney, Wolfgang Kieling und Ivan Desny.

Ein besseres deutsches Serien-Flaggschiff hat es in dieser fantastischen Besetzung seitdem nie mehr gegeben. Und der Dank gebührt dabei ausschließlich dem fantastischen Produzenten, Wolfgang Rademann.

Nur in Sachen Musik konnte er den Originalen nie das Wasser reichen. Die „Love Boat“-Titelmelodie bleibt trotz aller Bemühungen von James Last unschlagbar.

 

Denis
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Denis

Redaktionsleiter bei NWZonline
Denis Krick (für immer 42) ist Rollenspieler, Comicleser, Serien- und Filmnerd, Gamer (wenn die Familie schläft) und wahrscheinlich Oldenburgs ältester Hiphopper. Am liebsten besucht er die Drehorte seiner Lieblingsserien & -filme auf der ganzen Welt.
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