Warum Nordkorea das Ende der Multiplex-Kinos eingeläutet hat

Viel Wirbel um einen schlechten Film: In der Komödie „The Interview“ geht es um ein vermeintliches Attentat auf Nordkoreas Anführer Kim Jong-un (der charmante Diktator im Bild oben). Eigentlich hätte die Klamotte mit James Franco und Seth Rogen über Weihnachten in den US-Kinos starten sollen, aber das Filmstudio von Sony machte einen Rückzieher.

Denn erst veröffentlichten Hacker (wahrscheinlich aus Nordkorea) unzählige peinliche Emails aus dem Hause Sony Pictures – und dann setzte es auch noch Anschlagsdrohungen zum US-Filmstart von „The Interview“. Um sich selbst und den anderen Filmstudios nicht das Weihnachtsgeschäft zu vermiesen, gab Sony klein bei – und verzichtete auf eine großangelegte Veröffentlichung. Man befürchtete massive Einnahmeverluste auch für andere Filme, falls das Publikum in der Ferienzeit den Multiplex-Theatern aus Angst vor nordkoreanischen Terroristen fernbleiben würde.

Sony ging aus der Not heraus einen anderen Weg. „The Interview“ wurde im Internet als kostenpflichtiges Video on Demand (VoD) auf Youtube, bei Google Play, im Xbox-Netzwerk und iTunes sowie auf einer eigens dafür angelegten Webseite für die zahlende Öffentlichkeit freigeschaltet.

Zwei Millionen Mal wurde der Film innerhalb von vier Tagen abgerufen, 15 Millionen US-Dollar spülte „The Interview“ bislang in die Kassen. Die Komödie ist damit die finanziell erfolgreichste VoD-Veröffentlichung der US-Geschichte.

Schöner Nebeneffekt: Von dem Geld bleibt laut der Branchenzeitung „Variety“ mehr Geld netto bei Sony hängen, denn bei einer Veröffentlichung in den Kinos hätte sich das Studio die Einnahmen mit den Kinobetreibern teilen müssen.

Für die Filmbranche ist dieser Erfolg mehr als nur eine Randnotiz. Er zeigt, dass VoD auch für die Hollywood-Studios eine mehr als nur interessante Option ist, zukünftig Filme zu veröffentlichen. Im TV-Bereich macht es ihnen der Streaming-Dienst Netflix seit einiger Zeit erfolgreich vor.

Natürlich gibt es beim jüngsten Sony-Erfolg einige besondere Faktoren wie die unfreiwillige Werbung aus Korea und der daraus resultierende Medienrummel. Allerdings musste Sony auch in kürzester Zeit das Online-Angebot einrichten – und hatte nicht viel Zeit, dieses direkt zu bewerben.

Nachdem bereits die klassischen Fernsehsender aufgrund solcher Streamingdienste wie Netflix rasant ihre Relevanz einbüßen, könnte es auch den großen Multiplex-Theatern in naher Zukunft an den Kragen gehen. Vorausgesetzt, dass die Filmstudios die richtigen Lehren aus dem Fall „The Interview“ gezogen haben. Kim Jong-un und seine Hackerbande hätten dann die große Ehre, für jedes dieser eingegangenen Mega-Lichtspielhäuser ein Malteserkreuz auf den Friedhof des digitalen Wandels aufzustellen.

 

Denis
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Redaktionsleiter bei NWZonline
Denis Krick (für immer 42) ist Rollenspieler, Comicleser, Serien- und Filmnerd, Gamer (wenn die Familie schläft) und wahrscheinlich Oldenburgs ältester Hiphopper. Am liebsten besucht er die Drehorte seiner Lieblingsserien & -filme auf der ganzen Welt.
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