Sabrina Janesch und die feurigen Oldenburger

Ein moderner Münchhausen tobt sich virtuell in Oldenburg aus: Die junge Autorin Sabrina Janesch (*1985 in Gifhorn) schreibt ein historisches Märchen über unsere Stadt. Hinzugezogene dürften verwirrt sein: Oldenburg als Karnevalshochburg, das haben wir ja noch nie gehört! Und in welchem Restaurant kann man diese berühmte Pfeffersuppe probieren, von der die Rede ist? Nur eine Sache könnte stimmen: Im Gegensatz zu kühlen Hamburgern, Bremern und Hannoveranern sind die Oldenburger ein feuriges Völkchen, meint Sabrina Janesch.

Die Oldenburger nämlich, trotz aller widrigen Umstände, mit denen sie sich auseinandersetzen müssen – sagen wir vereinfachend, Wetter, Boden, Sprache, Küche, Gesamtsituation – die Oldenburger also zeichnen sich durch ein Temperament aus, das man bezeichnen muss als feurig, hitzig, inbrünstig und ungestüm im Allgemeinen. In Oldenburg wurde quasi die Leidenschaft erfunden, und das kam so.

Aber all das ist, wie die Stadtbloggerin selbst sagt: „Erstunken und erlogen!“ Ihr bereitet es ein „wahnsinniges“, fast schon diebisches Vergnügen, sich ein eigenes Oldenburg „zusammenzustricken“. Im Auftrag des Literaturbüros Oldenburg bloggt Sabrina Janesch über die Stadt im 19. Jahrhundert. Kaufmann, Kavalier und Abenteurer Enno Gödecke erzählt einem Indianerstamm in Peru Geschichten über ein – fiktives – Oldenburg.

Ein Oldenburger also, und das mitten in Südamerika. Wenn es den Gödecke doch bloß gegeben hätte, jenen Schlawiner, Schlaumeier, jenen Galgenstrick und Schlot, aber wie sagt der Franzose –  tant pis! Dann muss man ihn sich eben selber erfinden, sei’s drum.

Der Pazifik, das ist etwas anderes als der Jadebusen!

Schon lange vor ihrem virtuellen Schreibertum hatte Oldenburg Sabrina Janeschs Herz gewonnen. „Als ich das erste Mal hier war, gab die Stadt ihr Bestes“, erinnert sich die Bloggerin. „Es war ein wunderschöner Tag im Mai. Die Sonne schien, ich kam zum Schloss und war überrascht, dass es so etwas Schönes in Norddeutschland gibt.“ Auf der Lesereise „Literatour Nord“ lernte sie Monika Eden vom Literaturbüro kennen. Schon einmal war Janesch Stadtschreiberin, 2009, in Danzig, wo sie ein halbes Jahr lebte und für den Roman „Ambra“ recherchierte.

Leseprobe „Ambra“

„Ich habe überlegt, wie ich das BLogbuch-Format füllen kann und vor allem: Wie kann ich es anders machen als die vorherigen Stadtschreiber?“, erzählt die Autorin. Sie hatte Lust drauf, wollte es ausprobieren, durchexerzieren. Sie hatte Spaß daran, sich eine „völlig abgefahrene“ Geschichte auszudenken. „Ich beschäftige mich zwar mit Oldenburg, aber alles ist völlig fiktiv. Ich nehme immer ein paar Schlaglichter hinzu wie zum Beispiel den Lappan. Die Handlung spielt sich aber nur in meinem Kopf ab.“

Das 19. Jahrhundert wählte sie, weil auch ihr nächster Roman in der Zeit spielen soll. „So kann ich aus dem Vollen schöpfen.“ Und warum nun die feurigen Oldenburger? „Dafür gibt es keinen Grund. Die Idee ist allein mit meinem Amusement zu erklären. Aber die Geschichten sind immer mit Zuneigung und Liebe gestrickt.“ Manchmal ist es so einfach. Aber auch enttäuschend, dass hinter den schönen, lustigen Erzählungen keine wahre Geschichte steht.

Keine Frage: Sabrina Janeschs Geschichten sind ideenreich, unterhaltsam, sprachlich wunderschön. Es macht Spaß, die Einträge in ihrem Blogbuch zu lesen. Wir können gespannt sein: Was fällt ihr morgen ein? Welche Geschichten dichtet sie „unserer Stadt“ noch an? Schade ist, dass ihre Einträge wenig mit dem wirklichen, historischen oder heutigen Oldenburg zu tun haben. Ein wenig mehr Stadtflair hätte den Oldenburger Seelen gut getan. „Gewissermaßen könnte man mein Konzept auf jede Stadt anwenden“, sagt die Autorin selbst. Das ist zu beliebig, zumindest für die Menschen, die hier wohnen.

Auf Residenzpflicht, wie es bei anderen Stadtschreiber-Projekten üblich ist, wird beim BLogbuch Oldenburg „bewusst“ verzichtet. Sicher kann man von Autoren, die noch andere Verpflichtungen haben, nicht unbedingt erwarten, dass sie ein halbes Jahr hier wohnen. Ihnen ist kein Vorwurf zu machen. Wünschenswert wäre es aber schon, einen Blogger zu haben, der näher dran ist und auch aktuelle Ereignisse und Entwicklungen aufgreift.

Wie wäre es, wenn mal jemand bloggt, der sowieso hier wohnt oder nach einer Unterbrechung nach Oldenburg zurückkehrt?

Sabrina Janesch

  • 1985 in Gifhorn geboren
  • 2009 erste Stadtschreiberin in Danzig
  • 2010 Roman „Katzenberge“
  • 2012 Roman „Ambra“
  • 2014 Roman „Tango für einen Hund“

Foto: Milena Schlösser

Inga Wolter

Tagsüber immer für eine gute Geschichte zu haben. Nachts als Lois Lane im Einsatz, heißt es aus vertrauenswürdigen Quellen.