Rollenbeichte mit Joanna Cassidy: Was man niemals zu Eddie Murphy sagen sollte

Filmfest-Stargast Joanna Cassidy ist seit Anfang der 70er-Jahre gut im Geschäft. Die Schauspielerin hat nicht nur in Klassikern wie „Blade Runner“ oder „Unter Feuer“ gespielt, sondern auch in zahlreichen berühmten TV-Serien und Streifen der ganz besonderen Art. Wir haben sie für den Oldennerd zu einigen ihrer größten oder einfach nur bizarren  Rollen befragt. Das Ergebnis: Wir wissen jetzt, wie Frau Cassidy mit den Gefühlen von Italienern spielt, ihre Gage aushandelt und sie sich den Zorn von Eddie Murphy zuzog.

Fangen wir mit Ihrem Filmfest-Film an: Großmutter in „Too Late“ (2015).

Hauptdarsteller John Hawkes und ich kannten uns bereits von Dreharbeiten, und er hat mich dem Regisseur vorgeschlagen. Wir hatten nur einen Tag zum Proben für eine knapp 20-minütige Szene ohne einen einzigen Schnitt. Alles musste perfekt sein. Das war verrückt. Auch weil Famke Jansen, die eigentlich meine Tochter spielen sollte, den Dreh in der Nacht zuvor abgesagt hatte. Natalie Zea war dann ganz spontan kurzfristig eingesprungen. Wir haben für die Szene fünf Anläufe gebraucht – dann war sie im Kasten.

Unsere Oldennerd-Review zu „Too Late“.

Video: Joanna Cassidy erhält Stern des Walk of Fame

Nächste Rolle: Eileen Gallagher in „Die Killer-Brigade“ (1989).

Eigentlich musste ich nur noch den Vertrag unterzeichnen, doch dann teilte mir die Produktionsfirma in der letzten Minute mit, dass sie eine andere Schauspielerin haben wollten. Aus Frust bin ich dann mit meinem Freund auf eine Kreuzfahrt gegangen. Irgendwann mitten auf dem Ozean bekam ich plötzlich einen Anruf. Die Produzentin war dran. „Joanna, du musst zurück nach Chicago kommen. Gene Hackmann mag die Schauspielerin nicht.“ Und ich sagte nur: „Wirklich? Was zahlt ihr mir denn dafür?“ Sie haben mich dann mit dem Helikopter abgeholt und zum nächsten Flughafen gebracht. In Chicago fror ich mich fast zu Tode. Ich hatte schließlich nur leichte Sommersachen dabei.

Ihr legendärer Kurzauftritt in „Bullitt“ (1968) …

Das war irgendwie mein erster richtiger Job. Ich sage immer, dass ich in „Bullitt“ mitgespielt habe, aber eigentlich haben sie durch meine Beine gefilmt. Immerhin hatte ich eine Szene mit Steve McQueen.

Und wie war der King of Cool so?

Er hat mir mein Leben gerettet. Es ist eine fantastische Geschichte, aber ich kann sie jetzt nicht erzählen. Die spare ich mir für meine Memoiren auf.

Danach spielten sie eine Minirolle in „Fools“(1970).

Ich habe die Rolle nur bekommen, weil ich so gut schreien konnte. Da bin ich extrem gut drin.

An der Seite von Arnold Schwarenegger als Zoe in „Mr. Universum“ (1976).

Oh mein Gott. Arnold Schwarzenegger (imitiert die Stimme von Arnold Schwarzenegger). Wir sind zusammen Wasserski gefahren. Arnold wollte, dass ich dabei auf seinen Schultern sitze. Weil er ja ein starker Mann ist. Wir sind aber ziemlich schnell untergegangen. Arnold war einfach zu schwer für Wasserski. Er war damals riesig.

 

Ein Klassiker des deutschen Vorabendprogramms: Catherine Demery in der TV-Serie „Falcon Crest“ (1982).

Jane Wyman, Ronald Reagans Ex-Frau, spielte das weibliche Familienoberhaupt in „Falcon Crest“. Sie war eine echte Lady und hatte sich immer voll unter Kontrolle. Es war toll, sie einfach nur zu beobachten und dabei von ihr zu lernen.

Mein Favorit: Zhora in „Blade Runner“ (1982).

Für Zhoras Todesszene haben sie meine Stuntfrau um vier Uhr morgens fertig geschminkt – und festgestellt, dass sie keine Perücke haben, die meinem Haar ähnelt. Die haben dann einfach wahllos irgendeine alte Perücke aus einer staubigen Kiste genommen und ihr aufgesetzt. Meine Güte, das war eine der wichtigsten Szenen im Film und die gaben sich null Mühe. Es stört mich so sehr, dass jeder erkennen kann, dass da ein Double durch die Glasscheiben rennt. 25 Jahre später haben wir die Szene noch einmal mit mir für den Final Cut nachgedreht. Gott sei Dank.

 

Ich mochte immer die Garderoben-Szene mit Harrison Ford.

Ich war fast nackt, aber dank der Würgeschlange, die ich um den Hals trug, fühlte ich mich relativ wohl. Es war, als hätte ich die ganze Zeit einen guten Freund im Nacken. „Darling“ versuchte allerdings ständig, sich um den Kleiderbügel neben mir zu schlängeln. Wir mussten die Szene unzählige Male drehen. Auch für die Einstellung, in der ich Harrison Ford würge, brauchten wir mindesten 25 Anläufe. Irgendwann hatte Harrison keine Lust mehr und rief „Genug“. Dann musste sein Stuntdouble für ihn weitermachen.

Ihre zweite Fahrt mit dem „Love Boat“ als Dr. Lisa Lessing (1982).

Dick Shawn, damals ein ziemlich berühmter Comedian, spielte mit mir zusammen und hatte seinen Affen aufs Schiff mitgebracht. Ein kleines süßes Tierchen, das immer auf seiner Schulter saß – und leider auch immer auf seine Schulter kackte. Während wir unsere Szenen drehten, hatte er immer die Jacke voller Affenscheiße. Und der Regisseur hat sich darüber verständlicherweise immer sehr aufgeregt.

Dick starb paar Jahre später auf der Bühne an einem Herzinfarkt. Das Publikum dachte, er würde nur einen Witz machen. Tragisch, aber dieses Ende passte zu ihm.

Captain Dewey in „Vampire in Brooklyn“ (1995) .

Eddie Murphy spielte die Hauptrolle. Den ganzen Dreh über hat er sich vom restlichen Team abgeschottet. Überall waren seine Bodyguards. Ich fühlte mich ziemlich unwohl und wusste nicht, wie ich mit ihm umgehen sollte. Für eine seiner Nebenrollen war Eddie dann als Weißer geschminkt – und ich sagte zu ihm: „Wie fühlt man sich so als Weißer?“ Das war so ziemlich das Schlimmste, was man sagen konnte. Er gab mir sein klassisches Eddie-Murphy-Gesicht (siehe unten) und ich schämte mich so unglaublich.

 

Nun zu einer TV-Show, von der ich vorher noch nie gehört habe: Selma Cassidy in „The Roller Girls“ (1978).

Das war eine TV-Serie über ein Rollerderby-Team. Ich war eine der allerersten Rollschuhfahrerinnen am Venice Beach in Los Angeles – lange bevor es hip wurde – und deshalb perfekt für die Show. Wir trainierten für die Los Angeles T-Birds. Sie haben mir zum Beispiel beigebracht, wie man richtig über die Bande fliegt und hinfällt. Ich hatte dank der Dreharbeiten jede Menge blaue Flecken. Gebrochen habe ich mir allerdings nichts.

Ihr Durchbruch in Hollywood: Eleonora in „Klauen wir gleich die ganze Bank“ (1974).

Mein Schauspielerkollege Ed Lauder kannte George C. Scott, der damals in „Klauen wir gleich die ganze Bank“ die Hauptrolle spielen sollte. Wir gingen alle zusammen essen und ich bekam die Rolle der Eleonora. Später habe ich erfahren, dass ich George wohl an seine Ex-Frau, eine feiste Rothaarige mit irischen Wurzeln, erinnerte und er mich deshalb im Film haben wollte.

Für diesen Streifen gibt es anscheinend keine deutschen Titel: Joanna Morgan in „Il medaglione insanguinato“ (1975).

Oha. Das war ein italienischer Horrorfilm. Ich habe die Dreharbeiten in Perugia geliebt und der italienischen Filmcrew die Köpfe verdreht. Das hat eine Menge Spaß gemacht. Einmal habe ich eine Ohnmacht vorgetäuscht und die Männer sind einfach durchgedreht. Es war wunderbar.

Für diese Rolle wurden Sie mit dem Golden Globe ausgezeichnet: Jo Jo White in „Buffalo Bill“ (1982-1984).

Ich durfte mit einem der besten Schauspieler aller Zeiten arbeiten – mit Dabney Coleman. Ein fabelhafter Komiker. Er war göttlich und voller verrückter Energie.

Claire in „Unter Feuer“ (1983),

Das waren keine einfachen Dreharbeiten in Mexiko. Das Filmmaterial ging verloren und wir mussten Leute bestechen, um es wiederzubekommen. Scheinbar waren alle korrupt.

Wir fühlten uns auch nicht sicher. Jeder hatte irgendwie Angst. Oaxaca war damals eine schöne Stadt, aber auch sehr gefährlich. Diese Grundstimmung und unsere Angespanntheit kam dem Film aber zugute.

Es gab eine Szene, in der ein Schwein real erschossen wurde. Gene Hackmann drehte durch und drohte sofort abzureisen. Das war ein schlimmer Tag.

Als Beverly in dem Sitcom-Klassiker „Taxi“ (1978).

Andy Kaufmann, Danny DeVito, Judd Hirsch, Tony Danza. Oh, wir waren damals einfach alle verrückt. Unter den Schauspielern hatte jeder irgendwie mit jedem ein Verhältnis. Irgendwie wild. Ich hatte noch nie so eine Show gemacht.

Muss natürlich in den Oldennerd: Ihr Auftritt als T’Les in „Star Trek: Enterprise“ (2004).

Das war ein großer Spaß. Ich spielte eine Vulkanierin. Die spitzen Ohren habe ich immer noch. Mein Vorbild war natürlich Leonard Nimoys „Spock“ aus der Originalserie. Meine Güte, er war damals so staatsmännisch.

Und last but not least: Margaret Chenowith in „Six Feet Under – Gestorben wird immer“ (2001 – 2005).

Die beste Serie der Welt. Jeder im Team war einfach nur brillant. Ich weiß nur wirklich nicht, warum ich immer für so schlimme Mutterrollen engagiert werde. In diesem Fall bin ich allerdings sehr dankbar.

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Denis

Redaktionsleiter bei NWZonline
Denis Krick (für immer 42) ist Rollenspieler, Comicleser, Serien- und Filmnerd, Gamer (wenn die Familie schläft) und wahrscheinlich Oldenburgs ältester Hiphopper. Am liebsten besucht er die Drehorte seiner Lieblingsserien & -filme auf der ganzen Welt.
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