Revolution der Cordcutter ODER Die Apps von HBO, Starz und Showtime im Überblick

Eine Revolution beginnt häufig ganz leise. Fast unbemerkt. Je unauffälliger sie ihren Lauf nimmt, umso erfolgreicher ist sie. Denn diejenigen, die sich eigentlich von solch einer Revolution in ihrer Existenz bedroht fühlen sollten, nehmen diese nicht ernst – und werden am Ende von ihr überrollt.

Das deutsche Fernsehen könnte in den kommenden Jahren dieses traurige, aber irgendwie auch darwinistische Schicksal ereilen. Die Revolution hat längst begonnen – aber die hiesigen TV-Macher wollen diese weder hören, noch sehen und bitteschön auch nicht drüber reden.

Streaming ist die Revolution, die Revolutionäre sind Menschen, die für ihr persönliches Medienglück keinen Kabelanschluss mehr benötigen, sondern nur eine vernünftige WLAN-Verbindung oder ein LTE-Signal auf dem Smartphone – die sogenannten Cordcutter.

Jahrzehntelang waren die deutschen TV-Sender die Gatekeeper für beliebte Inhalte wie US-Serien und Live-Sportevents. Doch diese Zeiten sind vorbei. Das analoge TV, das dem Zuschauer ein in Stein gemeißeltes Sendeprogramm vorschreibt, ist bald ein Relikt der Vergangenheit. Und diejenigen, die sich daran klammern und „Tagesschau“ sowie „Tatort“ als goldene Kälber des Qualitätsfernsehens huldigen, sind einfach nur ignorant.

Früher gab es „Knight Rider“ lediglich bei RTL zu sehen. Heute braucht niemand RTL2, um „The Walking Dead“ zu erleben. Deutsche Sender haben ihre Berechtigung als Abspielstation exklusiver Inhalte längst verloren.

Das Streaming-Portal Netflix, Amazon Prime und Apples digitaler Medienladen iTunes sind dabei nur der Anfang gewesen. In den USA haben auch erfolgreiche Kabelsender wie HBO, Showtime oder Starz den Trend zum Cordcutting erkannt. Weitere werden folgen. Sie bieten Apps an, durch die jeder mit einem Smartphone oder Tablet an ihre Programme kommen kann.

Dabei sind offiziell fast alle diese Apps ausschließlich nur innerhalb der USA nutzbar. Doch damit nehmen es die Kabelsender nicht ganz so genau. Wichtiger als geografische Grenzen scheinen zahlende Abonnenten zu sein.

Bestes Beispiel dafür ist „HBO Now“, die Streaming-App des US-Kabelgiganten HBO („Game of Thrones“). Auch hier ist der Dienst nur für Cordcutter innerhalb der USA gedacht, doch ein simples VPN-Programm auf dem Smartphone umgeht diese Ländersperre problemlos. Ein aufschlussreicher Fehler im Detail, denn programmiert wurde „HBO Now“ von den Machern von „At Bat“, der offiziellen Streaming-App der Major League Baseball. Letztere ist absolut VPN-resistent und nur mit einem sehr stark manipulierten Smartphone zu überlisten.  Man könnte also durchaus darüber spekulieren, dass HBO mit Absicht dieses Hintertürchen für die internationale Kundschaft offen gelassen hat.

Bei der Streaming-App des Kabelsenders „Starz“ ist das erklärte Ziel noch offensichtlicher. Hier ist nicht einmal ein VPN-Dienst notwendig, um dessen Programm in Deutschland zu genießen.

Branchenprimus Netflix schaffte es zwar, sein US-Angebot vor VPN-Nutzern zu schützen. Doch der Spuk war nur von kurzer Dauer. Ein bemerkenswertes Versagen, denn der Konkurrent Hulu ist beim Aussperren wesentlich erfolgreicher.

Wichtigstes Vermarktungsargument all dieser Apps und Dienste sind die Inhalte. Dementsprechend werden die US-Kabelsender in Zukunft genau durchrechnen, ob es sich tatsächlich lohnt, eigene Serienproduktionen im internationalen Ausland zu syndizieren oder direkt über die App zu vermarkten.

Netflix hat damit bereits Erfahrungen gemacht und aus früheren Fehlern gelernt. Die Eigenproduktion „House of Cards“  wurde vor Erscheinen für den internationalen Markt syndiziert. In Deutschland liegen die Rechte beim Pay-TV-Anbieter Sky. Dieser Deal hat zur Folge, dass sämtliche neue Staffeln der Politserie hierzulande zunächst bei Sky zu sehen sind und nicht beim eigentlichen Produzenten Netflix. Bei allen folgenden Eigenproduktionen hat der Streaming-Dienst deshalb auf einen Verkauf der Ausstrahlungsrechte verzichtet. Netflix-Serien laufen zuerst bei Netflix.

HBO hat noch mit Sky einen Vertrag bis 2020 und zeigt exklusiv auf dem Kanal Sky Atlantic Serien wie „Game of Thrones“. Ob die Abmachung innerhalb der kommenden vier Jahre noch einmal verlängert wird, kann man in Hinblick auf globale Streaming-Strategien durchaus bezweifeln.

Für deutsche TV-Sender wird es deshalb zukünftig immer schwieriger werden, attraktive US-Inhalte fürs eigene Programm zu gewinnen. Ein möglicher Ausweg wäre es, mehr Augenmerk und Engagement bei der Produktion deutscher Serien an den Tag zu legen.

Netflix und Amazon haben damit allerdings auch schon begonnen.

HBO Now, Showtime, Starz
Die Streaming-Apps der US-Kabelsender im Überblick

Grundvoraussetzung: Für den Download der Apps wird ein iTunes-Konto in den USA benötigt. Das ist allerdings kein großes Problem. Eine kurze Anleitung bietet die Internet-Seite Netzwelt.de. Die Bezahlung findet ebenfalls über das iTunes-Konto statt. Zahlreiche Internetseiten wie zum Beispiel usgiftcodes.com bieten hierfür den Online-Kauf von US-iTunes-Gutscheinen an. Weiterhin wird in den meisten Fällen ein VPN-Programm wie zum Beispiel Tunnelbear benötigt, das aus einer deutschen IP-Adresse eine US-amerikanische macht.

HBO Now

Kosten: 14,99 US-Dollar (zahlbar via iTunes), ein Test-Monat.
Technische Features: Favoriten-Liste, Streaming über deutsches Apple-TV möglich, sehr gute Streaming-Rate, gute Navigation
Aktuelle Serien: „Togetherness“, „Girls“, „Veep“, „Game of Thrones“ .
Klassiker: „The Wire“, „Sopranos“, „Deadwood“.
Filme: Wechselndes Angebot an aktuellen Filmen und Klassikern. Dazu gibt es sehr gute Eigenproduktionen wie „Behind the Candelabra“.
Weitere Highlights: „Last Week with John Oliver“, NFL-Dokuserie „Hardknocks“.

Showtime

Kosten: 10,99 US-Dollar (zahlbar via iTunes), ein Test-Monat.
Technische Features: Live-TV, Favoriten-Liste, Streaming-Rate manchmal dürftig, kein Streaming über deutsches Apple-TV, gute Navigation mit Coming-Soon-Feature.
Aktuelle Serien: „Billions“, „Homeland“, „Dice“, „Penny Dreadful“ .
Klassiker: „Dexter“, „Californication“, „Episodes“.
Filme: Eher schwaches Angebot an aktuellen Filmen und Klassikern. Allerdings sehr gute Auswahl an Dokumentationen.
Weitere Highlights: „This American Life“, „The Circus“.

Starz

Kosten: 8,99 US-Dollar (zahlbar via iTunes).
Technische Features: Download von Episoden & Filmen, Favoriten-Liste, gute Streaming-Rate, Streaming über deutsches Apple-TV möglich, sehr einfache Navigation.
Aktuelle Serien: „Ash vs. Evil Dead“, „Power“, „Flesh and Bone“, „Outlander“ .
Klassiker: „Spartacus“, „Sanford & Son“, „Maverick“.
Filme: Sehr gutes Angebot an aktuellen Filmen und Klassikern.

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Denis

Redaktionsleiter bei NWZonline
Denis Krick (für immer 42) ist Rollenspieler, Comicleser, Serien- und Filmnerd, Gamer (wenn die Familie schläft) und wahrscheinlich Oldenburgs ältester Hiphopper. Am liebsten besucht er die Drehorte seiner Lieblingsserien & -filme auf der ganzen Welt.
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