Die „next Topmodels“, Social Media und das Danach

„Ja, ich gucke gerne Germany’s Next Topmodel.“ Angesichts der kürzlich aufgeflammten Diskussion darüber, dieses Fernsehformat provoziere Magersucht bei jungen Mädchen, stellt sich zwar die Frage: „Darf ich das überhaupt noch laut sagen?“ Aber – ohne dieses ernste Thema Essstörung an sich unter den Tisch kehren zu wollen – die Vorwürfe gegen GNTM sind seit der ersten Staffel 2006 dieselben. Und es ist meiner Ansicht nach nicht diese eine Castingshow, die für die Anforderungen der Modewelt bzw. der internationalen Topdesigner verantwortlich zu machen ist.
Aber genug der Rechtfertigung, kommen wir zum Wesentlichen.

Gewinnerinnen der Castingshow Germany's next Topmodel
Die Gewinnerinnen der ersten vier GNTM-Staffeln: Sara Nuru (von links), Barbara Meier, Jennifer Hof und Lena Gercke. (Bild: dpa)

Woche für Woche lasse ich mich gern von den amüsanten Zickereien, ästhetisch-künstlerischen Shootings, außergewöhnlicher Mode und originellen „Challenges“ berieseln. (Ja, ok, das Wort „berieseln“ impliziert natürlich schon, dass man die Sendung sooo ernst nun auch nicht nehmen kann/sollte.)
Fasziniert stelle ich dabei immer wieder fest, wie hässlich mir eine der Teilnehmerinnen („Mädchen“) plötzlich erscheint, sobald sich offenbart, wie wenig Sozialkompetenz oder welche unsympathische Charakterschwäche sie hat. Kandidatin Darya zum Beispiel ließ in den vergangenen Wochen immer mehr die Zicke und eine motzige Grundstimmung raushängen. Zum Beispiel neulich bei der „Selfie-Challenge“: Dem Fräulein passte das alles überhaupt nicht.

Oder beim „Melonen-Eklat“, als sie ausrastet, weil die mittlerweile ausgeschiedene Kandidatin Kiki (die ein wirklich sonniges Gemüt hat) es wagt, ein Stück Melone zu essen, während sie interviewt wird.

Nun ist es allerdings das eine, im Privaten eine motzige Diva zu sein; bekommt der gemeine Fernsehzuschauer davon Wind, dann heißt es: Hallo shitstorm. Seitdem häufen sich so nette Kommentare auf dem Facebook-Profil von „Darya topmodel 2015“ wie: „Hey Darya! Wollte ma fragen wie es so ist von sooo vielen Menschen gehasst zu werden???“ (dafür gab’s über 700 Likes) oder auch „Deine Eltern haben in der Erziehung dermaßen versagt. Innerlich die hässlichste Person, die ich je im Fernsehen gesehen habe“ (bekam über 1600 Likes) oder – zur Abwechslung mal weniger fies, sondern eher amüsant – als Kommentar zu einem Bild, das sie bei einem herzhaften Biss in einen Burger zeigt: „Darya, also bei Interviews bitte keinen vollen Mund, Mensch!“ (über 1500 Likes)
Vor vier Wochen fühlte sich Darya schon genötigt, einen seeehr langen Facebook-Eintrag zu posten, in dem sie Stellung bezog; sowohl in Bezug auf ihre Zickigkeit aber auch auf die erschreckenden Beleidigungen, die auf ihrem Profil gepostet werden.

Ganz anders sieht’s dagegen bei Kandidatin Jüli aus, einem bildhübschen, allerdings sehr schüchternen Mädchen ohne jegliche Allüren. Über 124.000 Personen haben ihr Facebook-Profil geliked (bei Darya sind es rund 40.000), die Kommentare sind ausschließlich positiv. Jülis wenig selbstbewusste Art und der Zuspruch, den sie über social media erfährt, mögen auch damit zusammenhängen, dass die 17-Jährige als Kind fiese Kommentare aufgrund ihres Äußeren einstecken musste.

Wer wohl letztlich gewinnt? Für die vergangenen Siegerinnen ergab sich im Anschluss an die Show nicht unbedingt die große Topmodel-Karriere.
Alisar Ailabouni, Gewinnerin der 5. Staffel, klagte sich noch vor Ablauf ihres ersten Arbeitsjahres aus ihren Verträgen mit der Agentur ONEeins, ebenso Jana Beller aus der 6. Staffel. Beller hatte sich kürzlich erst zu Wort gemeldet und kritisiert, dass Heidi Klum gar kein Interesse an den Kanidatinnen zeige.

Kandidatin Alisar Ailabouni jubelt über ihren GNTM-Sieg am 10. Juni 2010 in der Lanxess-Arena in Köln. (Bild: dpa)
Kandidatin Alisar Ailabouni jubelt über ihren GNTM-Sieg am 10. Juni 2010 in der Lanxess-Arena in Köln. (Bild: dpa)

Beliebt sind einige Ex-Kandidatinnen, die nicht unbedingt durch bestechende Intelligenz auf sich aufmerksam machten, offensichtlich auf der RTL-Promi-Resterampe („Dschungelcamp“). Da wären etwa Micaela Schäfer, Fiona Erdmann, Sarah Knappig oder Sara Kulka.

Die sympathische Ex-Kandidatin Sara Nuru dagegen machte nach der Castingshow durch ihr soziales Engagement auf sich aufmerksam.

Germanys Next Topmodel 2009, Sara Nuru und die äthiopische Marathonlegende Haile Gebrselassie posieren am Donnerstag (10.05.2012) in Addis Abeba in Äthiopien. Er wurde an diesem Tag offiziell zum Botschafter von Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe «Menschen für Menschen» ernannt. Seit Sara Nuru 2009 «Germany's next Topmodel» wurde, engagiert sie sich zunehmend in Äthiopien. Nun ist sie wieder zu Besuch im Heimatland ihrer Eltern und traf den berühmtesten Sportler des Landes: Haile Gebrselassie.
Sara Nuru, GNTM-Gewinnerin 2009, engagiert sich in Äthiopien. Das Bild zeigt sie mit der äthiopischen Marathonlegende Haile Gebrselassie 2012, der zum Botschafter von Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe „Menschen für Menschen“ ernannt wurde.

Ebenfalls durch eine Kombi aus Schönheit UND Intelligenz fiel Mathe-Studentin Barbara Meier, Siegerin der zweiten Staffel, auf. In der Schule hatte sie sogar immer eine Eins in ihrem Lieblingsfach.

Schön und klug: das Model Barbara Meier im Juni 2011 (Bild: dpa)
Schön und klug: das Model Barbara Meier im Juni 2011 (Bild: dpa)
Jantje

Jantje

Online-Redakteurin bei NWZonline
Jantje Ziegeler (Jahrgang '85) ist im Herzen zwar eine Prinzessin, findet ihren Job als Journalistin aber auch allererste Sahne.
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