Der Zerstörungssimulator

von Christopher Hanraets

Einfach ein paar Sprengladungen angebracht, und kurz darauf fliegt eine ganze Reihe Gastanks in einem riesigen Feuerball in die Luft. Das bleibt natürlich nicht unbemerkt, feindliche Soldaten rücken an. Den ersten erwische ich mit dem Enterhaken. Bevor er kapiert hat, was gerade mit ihm passiert, hängt er an der nächsten Wand. Den zweiten kette ich an eine herumstehende Gasflasche, schieße anschließend auf den Behälter und sehe zu, wie beide im hohen Bogen durch die Luft fliegen und irgendwo explodieren. Anschließend klau‘ ich einen Panzer und schieße mir den Weg aus der Basis einfach frei.

In Just Cause 3 (Fotos: dpa) von Avalanche knallt, rummst und brennt es ununterbrochen. Wer die beiden Vorgänger kennt, erwartet auch nichts anderes. Wer sie nicht gespielt hat, merkt schon in der Eröffnungsszene, wohin die Reise geht. Da klettert Spielfigur Rico Rodriguez mit dem Raketenwerfer aufs Dach einer fliegenden Einpropellermaschine und jagt Flugabwehrgeschütze am Boden in die Luft – während zugleich feindliche Kampfjets um ihn herumkreisen. Das Spiel hält nicht viel von Realismus – Action ist angesagt.

Unterwegs ist Rico dabei übrigens zur fiktiven Inselgruppe Medici – seiner Heimat. Regiert wird sie vom skrupellosen Diktator Sebastiano di Ravello. Und Ricos Aufgabe ist es, die Rebellen bei ihrem Kampf gegen den Tyrannen zu unterstützen.

Wie genau man das anstellt, überlässt Just Cause 3 dem Spieler weitestgehend selbst. Das Spiel ist ein frei begehbarer Zerstörungssimulator und liefert reichlich Werkzeuge um möglichst viel möglichst spektakulär aus der Gegend zu räumen. Rico hat zum Beispiel immer einen unbegrenzten Vorrat an Sprengladungen dabei. Allerdings kann er nicht unendlich viele davon gleichzeitig benutzen.

Mit Hilfe von Leuchtfackeln kann er einen Hilfsabwurf der Rebellen anfordern. Die riesige Kiste, die dann neben Rico landet, enthält je nach Bestellung diverse Waffen und Fahrzeuge. Das funktioniert nicht immer ganz reibungslos. Manchmal zerlegt’s den fabrikneuen Hubschrauber schon bei der Lieferung.

Sein wichtigstes Werkzeug ist aber der aus den Vorgängern bekannte Enterhaken. Damit lassen sich Propaganda-Lautsprecher von den Masten reißen und Gegner aneinander oder an X-beliebige Objekte heften. Außerdem kann Rico sich damit einfach zum nächsten Ziel – sei es ein Dach, ein Auto oder ein Hubschrauber – ziehen. Wer sich bei Verfolgungsjagden von feindlichen Fahrzeugen gestört fühlt, verknotet sie mit dem nächsten Brückenpfeiler.

Zum Themendienst-Bericht vom 6. August 2015: Harpune und Drahtseil-Munition machen es möglich: In «Just Cause 3» lassen sich Mann und Maus einfach an die Wand nageln. (ACHTUNG - HANDOUT - Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit dem genannten Text und nur bei vollständiger Nennung der Quelle. Die Veröffentlichung ist für dpa-Themendienst-Bezieher honorarfrei.) Screenshot: Square Enix
Mit dem Enterhaken lässt sich allerlei Schindluder treiben.

Neu ist, dass man zwei Objekte miteinander verbinden und die Schnur per Tastendruck zusammenziehen lassen kann. Hetzt di Ravello einem zwei seiner Kampfhubschrauber auf den Hals, steht man vor der Wahl: Per Enterhaken einen Helikopter kapern und den anderen vom Himmel holen oder doch lieber beide miteinander verknüpfen, zusehen, wie sie langsam aufeinander zufliegen, und sich schließlich beim Zusammenstoß gegenseitig zerlegen?

Auch neu ist der Wingsuit. In Verbindung mit dem Enterhaken kann Rico durch die Lüfte gleiten und sich so auf den Inseln schnell fortbewegen. Dazu braucht‘s aber auch ein bisschen Übung. Bei den ersten Flugversuchen rammt man den Actionhelden noch häufiger unangespitzt in den Boden. Zur sicheren Landung sollte man besser auf den Fallschirm zurückgreifen.

Solange Rico nicht gerade in einer Story-Mission unterwegs ist, kann er tun und lassen was er will. Die Landkarte ist in Provinzen aufgeteilt, die von di Ravellos Schergen befreit werden können. Dazu müssen in den Dörfern und Städten so genannte „Chaosobjekte“ (Gastanks, Stromgeneratoren, Satellitenschüsseln, Propagandaplakate etc.) zerstört und die Rebellenflagge gehisst werden. Zerstören lassen sich die „normalen“ Gebäude in einer Stadt übrigens nicht. Die Zerstörungsorgie hat also doch ihre Grenzen. Ist eine Region unter Kontrolle des Widerstands, werden kleine Nebenmissionen freigeschaltet, in denen sich Enterhaken, Sprengladungen und Co. verbessern lassen. Dazu müssen beispielsweise Flüge mit dem Wingsuit oder Rennen gegen die Zeit absolviert werden.

Zum Themendienst-Bericht vom 6. August 2015: Von Beruf Bösewicht: Diktator General di Ravello beherrscht die fiktive Mittelmeerrepublik Medice und muss in «Just Cause 3» bekämpft werden. (ACHTUNG - HANDOUT - Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit dem genannten Text und nur bei vollständiger Nennung der Quelle. Die Veröffentlichung ist für dpa-Themendienst-Bezieher honorarfrei.) Screenshot: Square Enix
Den Diktator di Ravello gilt es in Just Cause 3 zu bekämpfen.

Und was bleibt am Ende von Just Cause 3? Das Beste am Spiel ist die Freiheit, jederzeit alles tun zu können. Jet-Piloten im Flug aus dem Cockpit schmeißen und selbst weiterfliegen? Kein Problem. Wie Batman kopfüber von feindlichen Hubschraubern herunterbaumeln und Feinde am Boden abknallen? Warum nicht? Friedlich grasenden Kühen Haftbomben mit Raketenantrieb ans Hinterteil hängen und beim Abflug zuschauen? Ja, auch das geht.

Das Spiel liefert jede Menge explosives Zeug und Werkzeuge, mit denen sich reichlich Chaos anrichten lässt. Der Zerstörungskreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Diese Tatsache macht Just Cause 3 zu einem großartigen Spiel. Und ja: Es gibt auch eine Geschichte. Die steht zwar keinesfalls im Mittelpunkt, führt aber über die Insel und motiviert zum Weitermachen. Die einzige Gefahr, die sich nach vielen Spielstunden bemerkbar macht: Irgendwann hat man sich auch an der grandiosen Grafik und den spektakulären Explosionen sattgesehen und vermutlich alles auf jede erdenkliche Art und Weise niedergerissen, zerschossen oder in die Luft gejagt. Und dann hat Just Cause 3 leider nicht mehr viel zu bieten. Bis dahin ist es aber ein Riesenspaß.

Timo

Timo Ebbers (37) glaubt nicht an ein Leben nach Hollywood und könnte sich durchaus vorstellen, ein Zimmerchen im Edith-Ruß-Haus für Medienkust zu bewohnen.