Der rote Faden – Mirror’s Edge Catalyst

Keine Zeit zum Durchatmen: Im Parcous-Stil hetzt Faith über die Dächer der weißen Stadt Glass. An Wänden entlang, über tiefe Schluchten, Stufe um Stufe ein Baugerüst hoch. Immer dem Rot hinterher. Durch die gleichgeschaltete Welt von „Mirror’s Edge Catalyst“ (MEC), in der das „Konglomerat“ mit seiner Sicherheitsfirma KrugerSec eine Schreckensherrschaft errichtet hat. Mit der Hilfe von Faith’s Runner-Freunden (die Guten) geht es gegen die Bösen. Der Klassiker.

Ganz und gar nicht klassisch (und trotzem schon bekannt aus dem ersten Teil von 2008): Der Kampf gegen die Herren dieser Dystopie und ihre Häscher wird ohne Waffen ausgefochten. Gewalt gibt es natürlich trotzdem. Denn auch wenn Faith ihnen unbewaffnet entgegentritt – die Robocop-Reminiszenzen vom Sicherheitsleuten lassen sich eben nicht mit guten Argumenten auf den rechten Pfad bringen. Das müssen Tritte und Schläge her.

Was der rechte Pfad ist, dieses Mal ganz und gar nicht im übertragenen Sinne, darf der Spieler selbst entscheiden und dabei auch seine Hilfe, die Runner’s Vision, ignorieren. Die erscheint in der sterilen Welt von Glass als rot aufleuchtende Brückengeländer, Wasserrohre oder Schächte und zeigt den sicheren Weg. Wer seine Höhenangst zumindest virtuell überwindet und ein bisschen abenteuerlustiger ist, darf und kann sich aber auch andere Wege suchen. Manchmal sind die schneller, manchmal langsamer, manchmal führen sie zum Sturz in den Abgrund und dem unvermeidbaren Tod.

Viele Tode sterben besonders Anfänger in MEC: Für ungeübte Finger ist die Steuerung (für die sich unbedingt ein Gamepad empfiehlt) zu Beginn etwas hakelig, die Ego-Perspektive verstärkt diesen Effekt noch. Und so rutscht man öfters mal über das Absprungbrett in die Tiefe, anstatt es mit einem gewaltigen Satz auf den nächsten Büroturm zu schaffen. Hat man als Spieler aber erst einmal die Steuerung verinnerlicht, wird das freie Gehetze über die Dächer zum Genuss. Neben der Kampagne, deren Plot reichlich öde und verhersehbar ist, gibt es Botenmissionen, Sprintrennen und andere Nebentätigkeiten, um sich die Zeit zu vertreiben.

„Mirror’s Edge Catalyst“ macht alles richtig, was der Vorgänger schon gut konnte (interessantes Spielprinzip, eigene Ästhetik, Gameplay), übernimmt teilweise aber auch dessen Schwächen (lahme Story, teilweise hölzerne Animationen, Kampfsystem). Man sieht, der Titel will hoch hinaus, stürzt aber nach drei Vierteln des Wegs ab. In die Tiefe.

Björn

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Serienaficionado, Gamefanatic, Musiknerd und bekennendes Web 2.0-Opfer mit einer besonderen Vorliebe für jedweden Schwachsinn, den das Netz zu bieten hat.
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