Böhmermann, bleib bei deinen Leisten!

Die Rettung des deutschen Fernsehens (zumindest in der jungen Zielgruppe) ist laut der kritischen Feuilleton-Masse wieder nahe. Ruhte die Last noch vor einiger Zeit auf den Schultern von Joko & Klaas, so muss nun eine einzige arme Sau das Ganze stemmen: Jan Böhmermann.

Sein „Neo Magazin Royale“ hat den Sprung vom Nischensenderchen ZDFneo zum großen und alten Mutterschiff ZDF geschafft. Und dort wird es nun dank (wahrscheinlich) mehr Budget und viel mehr Reichweite (Freitags zur Geisterstunde) zu einer richtig tollen Latenight-Show mutieren.

Es gibt nur ein Problem, das schon vor Austrahlung der ersten Folge recht deutlich ins Auge springt. Der neue „Neo Magazin Royale“-Bandleader Dendemann bringt es in einem unsäglichen Fanboy-Interview auf jetzt.de auf den Punkt:

„… das grundsätzliche Vorbild der Sendung ist uns allen ja klar: Jimmy Fallon und The Roots. Die musikalischen Beiträge bei denen reichen von ‚Wir spielen eine eigene Version des aktuellen Songs eines Gastes‘ bis hin zu ‚Wir spielen mit Mariah Carey ein Weihnachtslied auf Kinderinstrumenten‘“.

Leider wahr: Auch Böhmermann tappt in die Falle, in die Harald Schmidt zu seinen Anfängen stolperte. Er versucht sich einfach daran, einen US-Talker zu kopieren.

Daran möchte sich also der „Neo“-Macher orientieren:

Das Kopieren von TV-Formaten hat in Deutschland Tradition. Jürgen Rolands „Stahlnetz“ war eine Variante der US-Serie „Dragnet“, das „Traumschiff“ kupferte beim späten „Loveboat“ ab, und vielleicht erinnert sich auch noch jemand an „Hilfe, meine Familie spinnt“, den unsäglichen Al-Bundy-Klon.

Dieses Vorgehen ist zwar legitim. Kreativ ist es aber nicht. Und es ist auch in diesem besonderen Fall nicht sehr erfolgsversprechend.

Ich möchte kurz aus dem Facebook-Schmäh-den-Böhmermann-Post des Rappers Haftbefehl zitieren:

„Dendemann ist nicht Questlove! (Anmerkung der Redaktion: der Chef der Roots)“

Und dem persönlich hinzufügen:

Jan Böhmermann ist nicht Jimmy Fallon.

Fallon hat jahrelang als Standup-Comedian gearbeitet, sich seine Sporen bei der Comedy-Show „Saturday Night Live“ verdient und auch als Schauspieler überzeugt. Dazu kommt seine enorme Musikalität, die ich Böhmermann nicht absprechen möchte – aber entscheidet selbst.

Hier der Teaser zum neuen „Neo Magazin Royal“: Böhmermann singt „Abenteuerland“ von Pur.

Und das fiel mir spontan dazu ein.

Zugegeben, Fallon hat natürlich wesentlich mehr Starpower für die Nummer versammelt. Aber vielleicht verdeutlicht folgendes Video, warum Böhmermann die Hände (und die Stimme) von den musikalischen Fallon-Nummern lassen sollte.

Der Mann hat einfach das entsprechende Talent.

Böhmermann sollte sich lieber auf seine Stärken besinnen (große Klappe, noch größeres Selbstbewusstsein?) und mehr eigene Ideen entwickeln, anstatt eine schlechte Fallon-Imitation abzugeben.

Sonst kommt wohlmöglich irgendwann Jimmy Fallon zu Besuch ins „Neo Magazin Royal“-Studio – und Jan Böhmermann ergeht es so wie einst Harald Schmidt, der 1997 von Conan O’Brian im US-Fernsehen vorgeführt wurde.

 

 

Denis
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Redaktionsleiter bei NWZonline
Denis Krick (für immer 42) ist Rollenspieler, Comicleser, Serien- und Filmnerd, Gamer (wenn die Familie schläft) und wahrscheinlich Oldenburgs ältester Hiphopper. Am liebsten besucht er die Drehorte seiner Lieblingsserien & -filme auf der ganzen Welt.
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