Angebot abgelehnt

SPOILERALARM: Dieser Oldennerd beschreibt in Grundzügen Teile der Handlung von „Mafia 3“.

Ganz alleine eine kriminelle Organisation auseinandernehmen. Mich selbst zum neuen Unterweltpaten krönen. Schmierigen Rassisten ordentlich eins auf die Mütze geben. Und nebenbei noch einen Berg Geld verdienen. Ist das ein Angebot, das man nicht ablehnen kann? Zumindest habe ich mich seit Monaten darauf gefreut – auf „Mafia 3“. Aber soll ich es wirklich annehmen?

Ich bin Lincoln Clay, ein schwarzer Vietnamveteran mit guten Verbindungen zum „Black Mob“, der Mafia der Farbigen in New Bordeaux, einer fiktiven Version von New Orleans im Jahre 1968. Überall begegnet mir Rassismus.

Auf persönlicher Ebene, weil ich nicht in jedes Restaurant, jede Kneipe gehen kann, ohne, dass ich angegangen oder die Polizei gerufen wird. Weil reiche Damen ihre Handtaschen an sich klammern, sobald ich in ihre Nähe komme. Weil ich ständig das Wort „Nigger“ hören muss.

Und auch institutionell erlebe ich Rassismus: Polizisten behalten mich genau im Blick und wenden selbigen nicht von mir ab, wenn ich mit einem schicken Wagen durch die besseren Viertel der Südstaatenmetropole fahre. Und sie verbünden sich lieber mit den italienischen Gangstern, die ich bekämpfe, als wirklich friedenssichernd einzuschreiten.

Diese Grundstimmung wird verstärkt durch Radionachrichten vom Tod von Martin Luther King jr. oder dem Tod von Robert Kennedy. Durch Unterhaltungsfetzen, die ich überall in der frei befahr- und begehbaren Welt aufschnappe. Durch die Autos, die, typisch Ami-Schlitten, eher behäbig und viel zu gut gefedert daherkommen. Und natürlich durch die Musik:  Mehr als 100 Songs aus der Zeit haben die Entwickler von 2kGames und Hangar 13 lizensiert bekommen, deshalb plärren die Rolling Stones, Aretha Franklin, Canned Heat oder Creedence Clearwater Revival aus den Boxen meines übermotorisierten Ponycars als ich in die Sümpfe des Bayou brettere.

So wunderbar das Setting und so ambitioniert auch die Geschichte von Schuld und Verrat, die immer wieder in Rückblenden von meinen (Helden)-Taten erzählt, der Rest des Spiels kann nicht so richtig mithalten. Kurz gesagt geht es darum, den fiesen Oberboss der Italiener-Mafia, Sal Marcano, der mir übel mitgespielt und meine engsten Vertrauten und Freunde ermordet hat, zur Strecke zu bringen. Nun wäre die Geschichte natürlich zu schnell auserzählt, würde ich einfach schwerbewaffnet vor seinem Haus auftauchen. Deshalb arbeite ich mich Stück für Stück durch die Stadt, reiße Geschäfte wie Glückspiel, Drogen- und Waffenhandel an mich und schaffe es so, zu den Lieutenants und den Capos vorzudringen, Marcanos Fußsoldaten.

Birne aus beim Ballern

Klingt erst einmal nach Abenteuer und viel Abwechslung aber genau hier hat „Mafia 3“ seine größte Schwäche. Denn es läuft eigentlich immer alles nach dem gleichen Schema ab: Ankommen, Mafiosi abknallen, vielleicht jemanden verhören oder Sachen zerstören und schon war es das. Natürlich wird das immer an verschiedenen Orten inszeniert, teilweise auch mit ganz interessanten kleinen Nebengeschichten, aber wird auf Dauer irgendwann doch langweilig. Nun kann man natürlich sagen: Bei einem Open-World-Shooter geht’s nunmal um Ballern. Aber man kann das Ganze auch ein bisschen abwechslungsreicher und anspruchsvoller für die Birne gestalten.

Wesentlich mehr ist letztere gefordert, wenn es ums Verteilen des Kuchens geht. Denn eine ganze Stadt kann man nicht allein einnehmen, selbst ein Lincoln Clay nicht. Drei Unterbosse sind mir mehr oder weniger loyal ergeben. Allerdings muss ich sie auch mit kleinen Häppchen bei Laune halten. Deshalb bekommen sie Geschäfte übertragen oder gleich die Kontrolle über einen ganzen Bezirk. Dafür schulden sie mir Gefallen und bringen mehr Knete ein. Doch wer nichts bekommt, wird auf Dauer angefressen,  zieht seine Gefallen wieder zurück und beginnt zu mosern. Mafiaboss ist eben auch nur ein Job von 9 bis 5. Hier ist das Spiel stark, weil es taktieren erfordert und man nicht einfach alles bekommt, sondern sehr genau abwägen sollte, wen man wann vor den Kopf stößt.

Style ist nicht alles

„Style over Substance“ muss man aber nach etwa 15 Stunden „Mafia 3“ bilanzieren. New Bordeaux, die Autos, die Kleidung, die Musik – das alles schafft eine so wunderbar authentische Atmosphäre, man könnte auch einfach stundenlang durch die Gegend fahren und kleine Nebenmissionen erfüllen. Doch solche, abseits des eigentlichen Handlungsstranges, gibt es kaum. Und wenn, dann sind es  die üblichen „Anschleichen und Meucheln“-Spielchen. Dabei machen gerade die kuriosen Nebenschauplätze einen Open-World-Titel und seine Welt erst richtig glaubhaft.

Stattdessen erwische ich mich immer häufiger dabei, wie ich mit Vollgas von Mission zu Mission brettere, kaum rechts und links schaue und eigentlich nur denke: „Bringen wir’s hinter uns.“ Und deshalb kann man das Angebot, welches „Mafia 3“ macht, auch getrost ablehnen.

„Mafia 3“ ist für Playstation 3, XBox One und PC erhältlich und kostet plattformabhängig zwischen 30 und 40 Euro.

Bilder: 2kGames

Björn

Björn

Serienaficionado, Gamefanatic, Musiknerd und bekennendes Web 2.0-Opfer mit einer besonderen Vorliebe für jedweden Schwachsinn, den das Netz zu bieten hat.
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